Zum Inhalt springen

Reform mit Nebenwirkungen Index-Erweiterung lässt Frauenquote in Dax-Vorständen sinken

Diese Folgen der Vergrößerung auf 40 Unternehmen sind kaum zu begrüßen: Der Anteil der Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten der Dax-Konzerne geht merklich zurück. Außerdem verschlechtert sich die Mitbestimmung der Arbeitnehmer.
Ausnahmeerscheinung: Sabine Klauke ist Technikvorständin bei Airbus und damit eine von wenigen Frauen in den Vorständen der zehn neuen Dax-Unternehmen

Ausnahmeerscheinung: Sabine Klauke ist Technikvorständin bei Airbus und damit eine von wenigen Frauen in den Vorständen der zehn neuen Dax-Unternehmen

Foto: Airbus

Es ist die größte Veränderung in der 33-jährigen Geschichte des Leitindex Dax: Deutschlands wichtigstes Börsenbarometer wird von 30 auf 40 Unternehmen erweitert. Am vergangenen Freitag gab die Deutsche Börse bekannt, welche zehn Firmen vom MDax in den Dax aufrücken werden, ab dem 20. September werden diese Unternehmen dann auch tatsächlich im deutschen Leitindex notiert sein.

Mit der Vergrößerung des Index ändert sich logischerweise im Schnitt auch die personelle Zusammensetzung der Dax-Vorstände und -Aufsichtsräte – und zwar nicht eben in eine erfreuliche Richtung: So lässt die Erweiterung um zehn Unternehmen den durchschnittlichen Frauenanteil in den Vorständen von 19 Prozent auf 17,6 Prozent sinken, wie die Personalberatung Russell Reynolds Associates ermittelt hat. Die Hälfte der neu aufgenommen Unternehmen hat überhaupt keine Frau im Vorstand, so die Beratungsgesellschaft. Der Anteil der Dax-Vorstände ohne Frauen erhöht sich dadurch von 13 Prozent auf 23 Prozent.

Ähnlich die Tendenz in den Aufsichtsräten: Auch dort geht die Frauenquote durch die Dax-Erweiterung zurück, und zwar erstmals seit mehr als zehn Jahren, wie Russell Reynolds betont. Zuletzt lag die Frauenquote in Dax-Aufsichtsräten demnach bei 34 Prozent - künftig sind es nur noch 33 Prozent.

Passend dazu gibt es auch keine Veränderung bei der geringen Zahl der weiblichen Vorstandsvorsitzenden. Belén Garijo (61), CEO von Merck, bleibt die einzige Frau an der Spitze eines Dax-Unternehmens. Auch bei den Finanzvorständen gibt es keine Änderung, es bleibt bei den bisherigen fünf Finanzchefinnen.

Größer ist die Veränderung bei den Aufsichtsratsvorsitzen: Bisher gab es nur eine Frau an der Spitze eines Aufsichtsgremiums, nun kommen zwei Frauen hinzu (Doreen Nowotne (48) beim Chemikalienhändler Brenntag und Cristina Stenbeck (43) beim Online-Kaufhaus Zalando), sodass jetzt drei der 40 Unternehmen eine Aufsichtsratschefin haben.

Mitbestimmung verschlechtert sich

Beim internationalen Vergleich der Frauenanteile im Topmanagement liegt Deutschland laut Russell Reynolds mit 17,6 Prozent im unteren Mittelfeld. In den Niederlanden, Frankreich, Dänemark, Schweden, UK und Finnland liege der Anteil zwischen 20 Prozent und 26 Prozent, so die Beratung. Norwegen kommt demnach sogar auf 30 Prozent.

Die Veränderung der Geschlechterverteilung ist zudem nicht die einzige Folge der Dax-Reform, die kaum Grund zur Freude gibt. Laut Russell Reynolds hat die Erweiterung auch gravierende Konsequenzen für das Modell der Mitbestimmung. So erreicht die Zahl der paritätisch mitbestimmten Unternehmen dadurch einen Tiefststand: 30 Prozent der Dax-Unternehmen haben nun keine paritätisch besetzten Aufsichtsräte, so Russell Reynolds. Zehn Unternehmen haben gar keine Arbeitnehmer mehr im Aufsichtsrat, zwei Unternehmen sind 'drittelmitbestimmt’. Damit verdreifacht sich die Zahl der Unternehmen ohne paritätische Mitbestimmung von vier im Dax 30 auf zwölf im Dax 40.

Zum Vergleich: 2015 waren noch alle Dax-Unternehmen mitbestimmt, wie die Analyse von Russell Reynolds Associates zeigt.

"Die positive Entwicklung der letzten Jahre zu mehr Frauen im Topmanagement und in den Aufsichtsräten bekommt durch die Erweiterung einen deutlichen Dämpfer", sagt Jens-Thomas Pietralla, Leiter der Europäischen Board Practice von Russell Reynolds Associates. "Der MDax, aus dem sich die Aufsteiger rekrutieren, hinkt bei der Beteiligung von Frauen an Toppositionen schon länger der ersten Liga der Börsenunternehmen hinterher. Es scheint dringend geboten, dass sich die Aufsteiger schnell anpassen, den Anteil an Frauen in Spitzenpositionen ausbauen und so der wichtigen Signalwirkung des Dax gerecht werden." In den Vorstandsorganen der Aufsteiger sei dieser Trend in den letzten neun Monaten angesichts der Ernennung von vier Frauen allerdings bereits erkennbar, so Pietralla.

Eine weitere Nebenwirkung der Indexvergrößerung: Während die Diversität in puncto Frauenanteil abnimmt, erhöht sie sich in Hinsicht auf die Internationalität der Führungskräfte. 36 Prozent der Dax-Vorstände kommen nun aus dem Ausland, so Russell Reynolds. Zuvor waren es 33 Prozent gewesen. In den Aufsichtsräten steigt der Anteil der Mitglieder ohne deutschen Pass von 29 Prozent auf 33 Prozent.

Konsequenzen hat die Erweiterung nach Angaben der Personalberatung auch für die Vergütungen. Da die Aufsteiger ihrem Topmanagement im Schnitt höhere Verdienstoptionen bieten als die bisherigen Dax-Mitglieder, steigen die durchschnittlichen maximal möglichen Vergütungen für Vorstände von 6,3 auf 6,5 Millionen Euro; Vorstandsvorsitzende können im Schnitt bis zu 10,6 Millionen Euro im Jahr verdienen. Entgegengesetzt verhält es sich bei den Vergütungen für Aufsichtsräte: Im Dax 40 sinkt die durchschnittliche jährliche Basisvergütung von 109.000 Euro auf 98.000 Euro.

cr
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.