Corporate Governance

Aktionäre bekommen mehr Rechte in virtueller Haupt­versammlung

Investoren und Anlegervertreter sind Sturm gelaufen gegen die Einschränkung der Aktionärsrechte in Online-Hauptversammlungen. Nun lenkt der Gesetzgeber ein.

Aktionäre bekommen mehr Rechte in virtueller Haupt­versammlung

swa Frankfurt

Der Widerstand von Investoren gegen die im Februar vorgelegten Gesetzespläne zur virtuellen Hauptversammlung (HV) zeigt Wirkung. Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat seinen Referentenentwurf in wesentlichen Punkten ausgeweitet, um Aktionärsrechte zu stärken, bestätigt eine Sprecherin des Ministeriums. Dabei gehe es um die Ausweitung von Rede- und Fragerecht, wobei nun auch ein Fragerecht während der Online-HV eingeräumt werden solle.

Über die Gesetzesvorlage wird das Bundeskabinett voraussichtlich am 27. April befinden. Die Zeit drängt, weil die im Zuge der Pandemie verordnete Notgesetzgebung zur Ermöglichung virtueller Hauptversammlungen Ende August ausläuft. Ziel des BMJ ist es, das Online-Format dauerhaft als Option im Aktiengesetz zur Verfügung zu stellen. Die Anteilseigner haben Mitsprache, denn die HV muss einer entsprechenden Änderung in der Satzung der Unternehmen zustimmen.

Bislang hatte der Gesetzentwurf keinen direkten Dialog der Aktionäre mit Vorstand und Aufsichtsrat während der virtuellen HV vorgesehen. Fragen und Nachfragen sollten ausschließlich auf elektronischem Weg eingereicht werden. In Live-Schaltungen per Video sollten Aktionäre zwar reden, aber nicht fragen dürfen. Speziell diese Einschränkung hatte großen Protest bei Anlegervertretern ausgelöst, zumal im Koalitionsvertrag zugesagt worden war, dass die Aktionärsrechte in virtuellen Hauptversammlungen „uneingeschränkt“ ge­wahrt werden sollen. Investoren pochen darauf, dass alle Aktionärsrechte unabhängig vom HV-Format garantiert werden. Eine Entkopplung von Rede- und Fragerecht lehnen sie ab.

Die HV-Präsenzen sind in den Jahren der Pandemie hoch geblieben, auch wenn es viel Kritik an der Einschränkung der Aktionärsdemokratie gab. Investoren bevorzugen Präsenzversammlungen oder hybride Veranstaltungen, während viele Unternehmen Gefallen an dem leichter zu steuernden virtuellen Format gefunden haben. Die Deutsche Telekom hat jüngst als bislang einziger Dax-Wert erstmals seit 2019 wieder zu einem Aktionärstreffen in Präsenz nach Bonn eingeladen – es dauerte neun Stunden.

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